Freitag, 11. April 2008

Kommentierter Überblick: Virtual Law Conference 2008 / Virtual World Conference

Im Folgenden eine kleine Kommentierung zur Virtual Law Conference bzw. Virtual Worlds 2008. Wie gesagt, ich war nicht vor Ort sondern bediene mich an den üblichen Quellen. Der Beitrag wird ggf. fortgesetzt, sobald weitere interessante Details bekannt werden.

Eine Welt für jeden?

IBM bastelt offenbar an einer eigenen Welt auf der Basis von Second Life Technologie - aber auf (vermutlich) auf IBM-Servern. Das Konzept von LindenLab erlaubt dies (Seocnd Life Grid) - Benjamin Duranske findet das sogar für Kanzleien interessant, denn damit wäre die virtuelle Welt unabhängig von LindenLab und damit auch die Chatprotokolle. (Duranske auf Virtually Blind).

Die Möglichkeit des "privaten Second Life für jeden" birgt natürlich Risiken. Damit besteht etwa die Möglichkeit, sich den - laxen - Restriktionen der LindenLab-AGB zu begeben und eine etwas freiere Welt zu erschaffen. Diese wäre damit jedoch nicht nur der Reglementierung durch AGB entglitten, sondern zugleich auch dem staatlichen Zugriff (vgl. Zusammenfassung von Mayer-Schönbergers Vortrag am Hans-Bredow-Institut - "Napster's Second Life?").
Da Glücksspiel und "Age Play" inzwischen durch LindenLab verbannt wurden, wäre ein entsprechender Ersatz-Sündenpfuhl vermutlich ein erfolgreiches Produkt (vgl. dazu Eine neue Welt für Kinderpornos?).

Markenrecht

Auch das Markenrecht bleibt offenbar ein beliebter Diskussionspunkt. Vor Kurzem begann auch LindenLab sich um den Markenschutz zu kümmern und stellte neue Spielregeln für Second Life-Bewohner auf. Von nun an soll nicht mehr jeder beliebig die Logos des Second Life-Kosmos' verwenden können. Das hat für relativ viel Aufregung gesorgt, letztlich ist der Schritt jedoch kein ungewöhnlicher - LindenLab ist ja nicht die Wohlfahrt. Auch Befürchtungen, dass man nun nicht mal mehr "Second Life" sagen/bloggen dürfe, sind absurd. Die Markenverletzung setzt ein Handeln im geschäftlichen Verkehr voraus (im US-amerikanischen Recht wird dem Freihaltebedürfnis soviel ich weiß durch die "Fair Use"-Doktrin Rechnung getragen). Dagegen kann auch LindenLab nichts ausrichten (und versucht es m.E. auch nicht). Ebenso ist es legitim, wenn sich Privatpersonen als Superhelden verkleiden und damit eventuell Marken verwenden. (vgl. Lober auf Heise)

Die Grenzen göttlicher Macht

Streitpunkt AGB: Manche glauben, die Schöpfer einer virtuellen Welt hätten unendliche Gestaltungsfreiheit. In der Tat haben sie einen starken Gefährten: Das Sachenrecht. Zumindest Betreiber mit eigenen Servern können sich auf ihr Eigentumsrecht berufen (vgl. virtuelles Hausrecht).
Dem steht zunächst der Verbraucherschutz gegenüber, wie auch Fairfield offenbar betonte ("auch Britney Spears könne nicht bestimmen, was ein Käufer mit ihrer Musik machen darf" vgl. Lober auf Heise).
M.E. zu selten wird jedoch auf die ebenfalls für die Nutzer streitende mittelbare Drittwirkung der Grundrechte verwiesen. Da virtuelle Welten zunächst Kommunikationsplattformen darstellen, ist ebenfalls zu bedenken, dass jede Restriktion bestimmter Verhaltensweisen auch eine Einschränkung u.a. der Kommunikationsfreiheit darstellt.

Einer für alle - auf dem Weg zur virtuellen Persönlichkeit?

Schon seit Längerem ist die Rede von interkonnektiven/interoperablen virtuellen Welten (vW) - soll heißen, Gegenstände und Avatare können von einer vW in eine andere überführt werden. Auf der Virtual Worlds Conference war auch hiervon die Rede. In Deutschland wurde insbesondere die Firma Weblin bekannt. (Technology Review)

Eine derartige Neuerung wird natürlich nur von einem Teil der Nutzer angenommen - nämlich solchen, die ohnehin konsistent, also als eine bestimmte Person auftreten. Wer sich heute als Gnom und morgen als fliegendes Pferd präsentiert wird an einem einheitlichen Auftreten in virtuellen Kosmen kein Interesse haben und als "virtuelle Persönlichkeit" kaum Schutz genießen.

Rechtlich ist diese Entwicklung äußerst spannend und könnte so manches ändern: Wenn ein Betreiber momentan von einem Nutzer die Nase voll hat, wird er ihn mehr oder weniger problemlos von der Plattform entfernen können. Selbst wenn man den Nutzern an ihren Avataren und Gegenständen ein Urheberrecht zugesteht, so krankt dieses stets an einem Geburtsfehler: Gibt es keine virtuelle Welt, gibt es auch das Objekt nicht mehr. Aufgrund dieser Abhängigkeit wird man auch kaum die Löschung eines Avatars durch den Betreiber als Verletzung eines absoluten Rechts im Sinne des § 823 I BGB ansehen können.
Dies ändert sich vermutlich mit der Verkehrsfähigkeit des Objekts. Es wird zu einem abgrenzbaren Immaterialgut, dessen Verletzung auch gegenüber dem jeweiligen Betreiber geltend gemacht werden könnte. Die Interoperabilität könnte sich für die Betreiber also als "Pandora's Box" entpuppen.
Möglicherweise helfen die AGB. In den SL-TOS findet sich ein Passus, der als Stillhalteabkommen ausgelegt werden könnte (pactum de non petendo). Selbst wenn also der Betreiber durch sein Verhalten ein absolutes Recht verletzt, ist er möglicherweise durch die Stillhalteabrede geschützt - wenn dieser Punkt einer AGB-Kontrolle standhält.

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