Montag, 21. April 2008

Anshe Chung und die Avataridentifikation

Das Handelsblatt berichtet über Ailin Gräf bzw. "Anshe Chung", wie sie in Second Life auftritt. Interessant: In Ihrem Unternehmen wird sie mit ihrem Avatarnamen angesprochen.
Gräf erlangte Bekanntheit, da sie mit dem Handel von "Immobilien" in der virtuellen Welt ein reales Vermögen anhäufte. Nicht nur Juristen fasziniert ein für Chung eher unerfreuliches Ereignis: Auf einer virtuellen Pressekonferenz wurde sie mit fliegenden Penissen attackiert.

Rechtsproblem Avataridentifikation

Der Fall Gräf ist ein inzwischen reichlich abgenutztes Beispiel - allerdings zu Recht, denn es illustriert wie kein anderes das Problem der Avataridentifikation. Die persönlichkeitsrechtliche Bewertung dieses Phänomens ist bislang ungeklärt. Denkbar wäre, dass eine Attacke auf den Avatar auf den ihn steuernden Menschen "durchschlägt". Das kann man mit einer Beleidigung vergleichen, die gestisch in Richtung einer Videokamera ausgeführt wird (der gute alte Stinkefinger). Im Urheberrecht kann die Entwicklungsgeschichte einer fiktiven Person als "Fabel" geschützt sein (vgl. Müller, J!Cast 30).

Parallelen zum Namensrecht

Dass sich die Persönlichkeit auch in virtuellen Gestalten manifestieren kann, zeigt unter anderem, dass für deren Namen als Pseudonym Schutz aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ableiten kann. Voraussetzung hierfür ist bislang die Verkehrsgeltung dieses Pseudonyms (BGH Maxem.de, a.A. kürzlich LG München I, vgl. dazu Jurabilis). Sofern Frau Gräf also in ihrer Firma und möglicherweise auch sonst mit ihrem Avatarnamen angesprochen würde, könnte sie sich mit dem Argument der Verkehrsgeltung gegen die anderweitige Verwendung ihres Pseudonyms wehren. Falls Frau Gräf keine Marke angemeldet hat (sieht nicht danach aus), könnte das hilfreich sein (Forumshopping ggf. beim LG München I). Gegen den Angriff der fliegenden Penisse hilft das alles allerdings nicht unmittelbar. Wenn aber das Pseudonym namensrechtlich geschützt ist, so steckt darin auch eine persönlichkeitsrechtliche Wertung (das Namensrecht leitet sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ab). Warum sollte neben dem Pseudonym nicht auch der Pseudomensch geschützt sein?
Natürlich ist der Rechtsschutz von Avataren stets akzessorisch, der virtuellen Gestalt als solche kommt kein persönlichkeitsrechtlicher Schutz zu.

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