Dienstag, 17. Juni 2008

Heute: Castronova "kommt" nach "Hamburg"

Man braucht viele Anführungszeichen in Zeiten virtueller Vorlesungen: Der in Sachen MMORPG legendäre Edward Castronova (Indiana University) besucht heute, 17-19:00 den virtuellen Campus der Uni Hamburg in Second Life. Das Thema seines Vortrags lautet "Serious Busines in 3D - How Online Games will change Reality".

Castronova führte diverse Untersuchungen zu virtuellen Welten durch und stellte vor ein paar Jahren fest, dass bemessen am Bruttosozialprodukt pro Kopf ein Onlinespiel verglichen mit realen Staaten auf Platz 77 stehen würde. Wie manche seiner amerikanischen Kollegen spricht er sich dafür aus, dass Online-Spiele vor Kommerzialisierung (genauer: Kommodifikation) geschützt werden müssten. Zuletzt erläuterte er als Gutachter im Cheatbot-Fall die Auswirkungen von Hacks auf das Ökosystem von World of Warcraft.

Montag, 16. Juni 2008

Gamelawblog.de

Andreas Lober (Kanzlei Schulte Riesenkampff) hat seine Kenntnisse in Sachen virtuelle Welten bereits mehrfach in Fachzeitschriften demonstriert (siehe Literaturverzeichnis). Auf der vor kurzem erwähnten HBI/FES-Konferenz in Berlin habe ich erfahren, dass er auch bloggt: Über Computerspiele und deren spezifische Rechtsfragen. Neben den interessanten Ausführungen zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht von Avataren gibt es z.B. einen sehr lesenswerten Bericht über diverse Fachkonferenzen zum Thema virtuelle Welten.

Montag, 9. Juni 2008

Systematisierung von Online-Games (Hans-Bredow-Institut)

Das Hans-Bredow-Institut hat heute ein Papier zur Systematisierung von Online-Welten veröffentlicht ("Spielen im Netz - Zur Systematisierung des Phänomens 'Online-Games'", PDF). Jan Schmidt, Stephan Dreyer und Claudia Lampert erarbeiteten dieses etwa 100 Seiten starke Papier als - so steht es im Vorwort - "einen Überblicksbeitrag zu der Vielfalt des Untersuchungsgegenstands" für das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Ein Teil der Arbeit widmet sich auch der rechtlichen Einordnung von Online-Spielen.

Eine Systematisierung in diesem Bereich ist dringend notwendig. Es zeigt sich immer wieder, dass Diskussionen nur aufgrund einer fehlenden Taxonomie stecken bleiben.

Update: "Reales Recht für virtuelle Welten"

Audiofiles, Powerpoint-Dateien und Links zur Konferenz "Reales Recht für virtuelle Welten" (HBI / FES) (Bericht auf RechtReal) sind inzwischen auf dieser Seite des Hans-Bredow-Instituts herunterladbar.

Donnerstag, 5. Juni 2008

Was zählt die Technik?

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gehört zu den "heißen" Diskussionspunkten beim Thema virtuelle Welten und Recht. Auf der Konferenz in Berlin vor einer Woche wurden jedoch auch mahnende Stimmen laut: Angesichts der Mühen, mit denen die Rechtsprechung dieses Recht entwickelt habe, solle es nun nicht überspannt werden - etwa in Richtung eines allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Unternehmen oder für Avatare.

Dazu (und auch im Übrigen) lohnt sich ein Blick in Stefan Gottwalds Zusammenfassung seiner Dissertation "Das allgemeine Persönlichkeitsrecht - Ein zeitgeschichtliches Erklärungsmodell" (1996). Der Autor rückt die Anerkennung dieses Rechts in den Kontext der Vergangenheitsbewältigung. Motivation sei eine Abgrenzung zur nationalsozialistischen Abkehr vom Individuum zugunsten des Gemeingutes auf Basis naturrechtlicher Gedanken. Erst später sei mit den Gefahren des technischen Fortschritts und der Breitenwirkung der Massenmedien argumentiert worden. Diese

"gaben folglich gerade nicht - wie oftmals zu Unrecht behauptet wird - den Auslöser zur endgültigen Anerkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes; der technische Fortschritt trug vielmehr dazu bei, die Akzeptanz des inzwischen entwickelten Rechtes zu vergrößern beziehungsweise eine zusätzliche Rechtfertigung für die Rechtsfortbildung zu liefern."

Diese These sollte man im Hinterkopf behalten, wenn angesichts virtueller Welten (und auch sozialer Netzwerke) über Persönlichkeitsrechte virtueller Identitäten debattiert wird.